Ein kürzlich veröffentlichter Leitlinienentwurf der US-amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) empfiehlt während der Screening- und Behandlungsphase von Zöliakie (CeD) den Einbezug einer auf Zöliakie spezialisierten Ernährungsfachkraft (Diätassistent, Ökotrophologe). Diese soll im Verlauf regelmäßige Ernährungsassessments erheben, die auch die Beurteilung der Einhaltung der glutenfreien Diät (GFD) abbilden.
Dieser Leitlinienentwurf stellt die derzeitige Landschaft des CeD-Managements vor Herausforderungen, da Fachwissen und eine Standardisierung der Ernährungsbeurteilung nicht überall verfügbar sind.
Ziel der Forschungsgruppe Lee et al. war es daher, eine umfassende Literaturrecherche durchzuführen, um die derzeitige Situation zu bewerten und bewährte Verfahren für die Beurteilung der Einhaltung der GFD bei Erwachsenen mit CeD zu identifizieren. Auf der Grundlage der Ergebnisse wurde als weiteres Ziel festgelegt, ein einfaches und benutzerfreundliches Instrument zur Bewertung der Einhaltung einer GFD zu entwickeln.
Methoden
Im April 2023 wurde ein Ausschuss gebildet, der sich aus vier Diätassistenten und drei Gastroenterologen aus drei führenden Zöliakiezentren in den USA zusammensetzte. Diese ermittelten die derzeitige Praxis der Ernährungsbewertung, identifizierten Lücken und entwickelten einen Konsens über eine standardisierte Ernährungsbewertung bei Zöliakie. Es wurden Teams aus je einem Diätassistenten und einem Gastroenterologen gebildet, die jeweils eine systematische Literaturrecherche durchführten. Diesen Teams wurde ebenfalls die Verantwortung für die Entwicklung von Empfehlungen für einen bestimmten Bereich der Ernährungsbeurteilung zugewiesen.
Eine systematische Literaturrecherche wurde zwischen April 2023 und September 2023 in den Datenbanken PubMed und Cochrane Library durchgeführt. Insgesamt wurden 2167 Artikel identifiziert, von denen 341 zur Durchsicht und 190 zur Aufnahme in die Studie auf der Grundlage der oben genannten Kriterien ausgewählt wurden.
Ergebnisse:
- Empfehlungen des Experten-Ausschuss:
Basierend auf den Ergebnissen der Literaturrecherche wurden folgende spezifische Empfehlungen für Ernährungstherapeuten, die Patienten mit CeD betreuen, entwickelt:
Themenfeld | Empfehlung |
---|---|
Die Rolle des auf CeD spezialisierten Ernährungstherapeuten | Patienten mit CeD sollten von einem zertifizierten und spezialisierten Ernährungstherapeuten laufend betreut werden |
Häufigkeit der Beurteilung durch einen Ernährungstherapeuten | (1) Es wird empfohlen, bei Patienten mit CeD eine langfristige, lebenslange Ernährungsbeurteilung durchzuführen. (2) Der Ernährungstherapeut sollte in regelmäßigen Abständen aufgesucht werden (bei der Diagnose, alle 3-6 Monate im ersten Jahr, dann jährlich, häufigere Nachuntersuchungen, wenn klinische Symptome vorhanden sind) |
Ernährungsanamnese | (1) Um die Nährstoffversorgung besser einschätzen zu können, müssen glutenfreie Produkte und ihre Nährstoffzusammensetzung in entsprechenden Datenbanken präsenter werden, wie auch die die Verwendung von Nahrungsergänzungsmitteln einbezogen und detaillierte Angaben zur Nahrungsaufnahme und -zubereitung gemacht werden. (2) Food frequency questionaires und food recalls sollten in die Bewertung der Nahrungsaufnahme miteinbezogen werden |
Anthropometrische Daten | Bei Nachuntersuchungen sollten das aktuelle Gewicht, der BMI und der Taillenumfang mit den Werten zum Zeitpunkt der Diagnose, aber auch mit den Werten der letzten drei Monate verglichen werden, um die Ernährungsberatung anzupassen. |
Gastrointestinale/extraintestinale Symptome und Komorbiditäten | (1) Der Ernährungstherapeut sollte gastrointestinale Symptome beurteilen. (2) Der Ernährungstherapeut sollte auch alle extraintestinalen Symptome berücksichtigen, die bei CeD häufig auftreten sowie CeD-Komorbiditäten, die mit zusätzlichen Ernährungseinschränkungen und/oder gastrointestinalen Symptomen verbunden sein können |
Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel | Die Einnahme von Medikamenten und Nahrungsergänzungsmitteln sollte detailliert festgehalten werden, wobei zu vermerken ist, ob sie als glutenfrei gekennzeichnet sind. |
Mikronährstoffe | Die routinemäßige Überwachung von Risikovitaminen und -mineralien sollte Teil einer Ernährungsbeurteilung sein. |
Makronährstoffe | (1) Eine gründliche Überprüfung der Makronährstoffaufnahme sollte Bestandteil jeder Ernährungsbeurteilung sein. (2) Die Ernährungsbeurteilung sollte eine detaillierte Überprüfung der Aufnahme von einfachen und komplexen Kohlenhydraten beinhalten. (3) Wenn der Patient Milchprodukte meidet, sollte der Nährwert von Getränken und Lebensmitteln auf Pflanzenbasis bewertet werden. |
Andere diätetische Einschränkungen | Der Ernährungstherapeut sollte das Vorhandensein anderer Krankheitszustände, Störungen, Lebensmittelpräferenzen, Lebensmittelallergien und -unverträglichkeiten (Laktose, Fruktose, FODMAPs, Saccharose) oder andere vorbestehende Erkrankungen, die die Nahrungsaufnahme und das Verhalten des Patienten beeinflussen, prüfen. |
Hafer | Nicht kontaminierter Hafer, der als „glutenfrei“ gekennzeichnet ist, sollte mit Vorsicht und unter regelmäßiger Anleitung eingeführt werden, um etwaige unerwünschte Wirkungen zu erfassen. |
Umfeld und Lebenssituation | Bei einer gründlichen Ernährungsbewertung müssen Aspekte der Ernährungssicherheit, der Zubereitung von Mahlzeiten (zu Hause, Schule) sowie die Lebenssituation der Person berücksichtigt werden. |
Belastung durch die Krankheit | Das Gesundheitspersonal sollte über die klinischen Parameter hinaus die sozialen und emotionalen Hindernisse für die Einhaltung der GFD sowie die Auswirkungen auf die Lebensqualität des Einzelnen bewerten. |
- Gluten-Free Adherence Survey:
Weiter wurde der „Gluten-Free Adherence Survey“, ein vereinfachtes Instrument zur Bewertung der Einhaltung einer GFD, entwickelt, der auf den aufgeführten Empfehlungen basiert. Dieser enthält sechs Hauptfragen mit Unterfragen, die mit Ja oder Nein beantwortet werden und anschließend entsprechend bepunktet werden. Die Endpunktzahl reicht von 0 bis 14 Punkten, wobei eine niedrigere Punktzahl eine bessere und eine höhere Punktzahl eine schlechtere Einhaltung der GFD anzeigt.
Bewertung: Ausgezeichnet: 0-1; Gut: 2; Mittelmäßig: 3; Schlecht:4-5; Nicht auf GFD > 6
- Haben Sie bewusst Gluten zu sich genommen?
- Haben Sie die Etiketten von Lebensmitteln immer auf glutenhaltige Zutaten überprüft?
- Haben Sie sich sicher gefühlt, Gluten auf den Etiketten der Zutaten zu erkennen?
- Haben Sie Hafer verzehrt, der nicht mit dem glutenfrei-Label versehen war?
- Haben Sie darum gebeten, dass Ihre Mahlzeit glutenfrei ist, z. B. wenn Sie auswärts essen oder etwas bestellen, bei der Arbeit oder in der Schule und bei Freunden oder Verwandten?
- Haben Sie in anderen relevanten Szenarien gefragt, wie das Essen zubereitet wurde?
- Haben Sie Ihr Essen trotzdem gegessen, wenn es wissentlich kontaminiert war?
- Haben Sie Gewürze und/oder Aufstriche verwendet, die möglicherweise kontaminiert waren?
*Aufgrund der Lesbarkeit wird hier das generische Maskulinum verwendet. Die verwendeten Personenbezeichnungen beziehen sich – sofern nicht anders kenntlich gemacht – auf alle Geschlechter.
Quellen:
Lee AR, Dennis M, Lebovits J, Welstead L, Verma R, Therrien A, et al. Dietary assessments in individuals living with coeliac disease: key considerations. J Hum Nutr Diet. 2025; 38:e13380. https://doi.org/10.1111/jhn.13380